Weltweiter Tag der Genitalen Selbstbestimmung 2019

7. MAI 2019 – WORLDWIDE DAY OF GENITAL AUTONOMY – 7 JAHRE “KÖLNER URTEIL”

Kundgebung in Köln am 11.5.2019

Beginn: 10:00 Uhr Landgericht, Luxemburger Str. 101

Zentrale Kundgebung: 11:30 Uhr, Wallrafplatz am WDR-Funkhaus

An diesem Tag jährt sich die Verkündung des KÖLNER URTEILS zum siebten Mal. Dieses hatte 2012 auch Jungen das Recht auf genitale Selbstbestimmung zugesprochen, indem es eine medizinisch nicht indizierte Vorhautentfernung („Beschneidung“) eines Jungen als eine strafbare Körperverletzung bewertete. Inzwischen ist der 7. Mai längst weltweit zu einem Symbol für die Selbstbestimmungsrechte des Kindes unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion und Tradition geworden.

 

Inhaltlicher Schwerpunkt ist in diesem Jahr:

  

USA – Eine „Beschneidungs“-Kultur?

Dort wird noch heute mindestens 50% aller neugeborenen Jungen die Vorhaut entfernt, meist ohne ausreichende Betäubung. Wie unzählige Beispiele sogar bis in die Trivial-Medien wie Filmen und Soaps hinein verdeutlichen, ist verbreitet, vollständige männliche Genitalien als z.B. „schmutzig“ „hässlich“ und „krankheitsanfällig“ anzusehen. Gefährdet dies letztendlich auch den Schutz von Mädchen und intersexuellen Kindern? Der 7. Mai sieht genau hin!

Der „Weltweite Tag der genitalen Selbstbestimmung“ fordert:

  • Einhaltung und Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention Art. 2 (Schutz vor Diskriminierung), Art. 3 (Vorrang des Kindeswohls) und Art. 24, Absatz 3 (Abschaffung schädlicher Bräuche).
  • Gesetzesinitiativen weltweit, die den Schutz aller Kinder unabhängig vom Geschlecht vor nicht-therapeutischen Genitaloperationen vorsehen.
  • Schutz von Kindern mit atypischen körperlichen Geschlechtsmerkmalen vor medizinisch nicht notwendigen Genitaloperationen und weiteren Eingriffen.
  • Sofortiger Stopp der Massenbeschneidungen von Jungen im Rahmen angeblicher HIV-Prävention in afrikanischen Ländern.
  • Öffentliche Forschung und Aufklärung zu den Folgen von nicht-therapeutischen Genitaloperationen an Kindern in ihren unterschiedlichen Formen und sozialen Kontexten.

 

Thema USA: „A personal choice“? – Für wen?

Die USA sind die einzige Nation in der westlichen Welt, in der Vorhautamputationen an neugeborenen Jungen als medizinische Routine-Maßnahme etabliert sind, wenn auch die Raten zurückgehen. Ihren Ursprung hat diese Tradition in der Sexualfeindlichkeit des 19. Jahrhunderts, wie die Äußerung des Arztes John Harvey Kellogg (1888) aufzeigt, die auch Mädchen einschloss: „Ein Mittel gegen Masturbation, welches bei kleinen Jungen fast immer erfolgreich ist, ist die Beschneidung. Die Operation sollte von einem Arzt ohne Betäubung durchgeführt werden, weil der kurze Schmerz einen heilsamen Effekt hat, besonders, wenn er mit Gedanken an Strafe in Verbindung gebracht wird. Bei Mädchen (…) ist die Behandlung der Klitoris mit unverdünnter Karbolsäure hervorragend geeignet, die unnatürliche Erregung zu mindern.“ Die Rechtfertigungen haben sich seitdem stets dem jeweiligen Zeitgeist angepasst und entsprechend kulturell etabliert. Seit Jahrzehnten hat sich mit wesentlicher Beteiligung von Menschen mit jüdischem Hintergrund eine Protestbewegung gebildet, die sich u.a. in Forschung, Literatur, in regelmäßigen öffentlichen Aktionen (z.B. „Bloodstained men“) und zahlreichen Organisationen abbildet. Weibliche Genitalverstümmelung hat sich in den USA insgesamt weniger stark verbreitet, dennoch übernahmen noch bis in die 1970er Jahre einige Krankenkassen die Kosten für sogenannte „Klitoridektomien“. Die US-kinderärztliche Organisation AAP hat zuletzt 2010 eine Erlaubnis sogenannter „Einstiche“ vorgeschlagen. Im aktuell ersten US-Gesetzesverfahren gegen Fälle durch Ärzt*innen ausgeführter weiblicher Genitalverstümmelung stellt sich als unmöglich heraus, den Forderungen der Verteidigung auf „Gleichbehandlung“ der Geschlechter widerspruchsfrei zu entgegnen. Zur Selbstbestimmung intersexueller Kinder konnte bisher keine Einigkeit unter medizinischen, juristischen und ethischen Expert*innen erzielt werden. Ein hoffnungsvolles Zeichen ist wenigstens, dass der Bundesstaat Kalifornien eine Resolution zur Empfehlung beschlossen hat, hier keine medizinisch nicht notwendigen chirurgischen Eingriffe mehr vorzunehmen.

 

 

Wann sind Mädchen endlich geschützt?

Laut WHO beschreibt der Begriff der Weibliche Genitalverstümmelung (FGM) alle Praktiken, bei denen die äußeren weiblichen Genitalien teilweise oder vollständig entfernt werden sowie alle sonstigen medizinisch nicht begründete Verletzungen am weiblichen Genital. Abhängig von Motiven und Art der Beschneidung, führt der Eingriff für die Betroffenen zu unterschiedlich starken gesundheitlichen, physischen, sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen. Die Praktik ist in jeglicher Form international als schwere Menschenrechtsverletzung anerkannt und wird dennoch weltweit praktiziert: In 29 Ländern in Sub-Saharaafrika sowie in Süd-, Südost- und Zentralasien als auch in Europa, den USA und Kanada. Besonders in Asien nehmen durch medizinisches Personal ausgeführte Formen zu, die immer wieder in Forderungen nach einer rechtlichen Duldung münden – was eindeutig der WHO widerspräche.

 

 

Auch Jungen gehört ihr Genital allein

Der eigentlich verharmlosende Begriff „Beschneidung“ steht bei Jungen für die Amputation („amputare“: ringsherum abschneiden) der Vorhaut, die den Verlust von durchschnittlich 50 % der gesamten Penishaut und des für sexuelle Empfindungen sensibelsten Teils mit sich bringt und die natürliche Physiologie des Penis sowie dessen Erscheinungsbild irreversibel verändert. Komplikationen sowie physische und psychische Spätfolgen sind zunehmend dokumentiert.

Erkrankungen der Vorhaut machen nur in seltenen Fällen eine Vorhautentfernung medizinisch unumgänglich. Eine beschwerdefreie Vorhautenge im Kindes- und Jugendalter ist keine Krankheit. Oft weitet sich die Vorhaut erst in der Pubertät. Bei tatsächlichen Beschwerden helfen in den meisten Fällen nichtoperative Therapien.

 

 

Leiden und Trauma von Intersex-Kindern durch Genital-OPs ohne eigene Einwilligung

Ein bis zwei von 1000 Kindern werden mit “atypischen” körperlichen Geschlechtsmerkmalen geboren. Es kommt immer wieder zu frühen Genitaloperationen mit geschlechtsbestimmendem Charakter und zu Hormonbehandlungen vor der Einwilligungsfähigkeit. Die Betroffenen haben später das Gefühl abnorm zu sein und sind in ihrer körperlichen Unversehrtheit ungefragt übergangen worden. Alle pädiatrischen Verbände in Deutschland empfehlen inzwischen, diese Maßnahmen nur noch in einem Alter vorzunehmen, in dem die betroffene Person einwilligungsfähig ist. Auch international bewegt sich die fachliche Diskussion teilweise in diese Richtung. Körperliche Integrität und Selbstbestimmung müssen aber vielerorts noch in die Wirklichkeit der Praxis integriert werden. Seit 20 Jahren protestieren Betroffene öffentlich gegen diese Operationen, die sie als fundamentale Menschenrechtsverletzung, Genitalverstümmelung, als traumatisierend und zerstörerisch für das sexuelle Empfinden beschreiben. Vorwürfe, die auch durch Menschenrechtsgremien wie den UN-Kinderrechtsausschuss bekräftigt werden.

 

 

Diskriminierung von transsexuellen Menschen

Trans* Menschen möchten häufig ihre körperlichen Merkmale durch eine Operation an ihr wahres Geschlecht angleichen. Soll aus einem Penis eine Vulva gebildet werden, fehlt ohne die Vorhaut ideales Gewebe in erheblichem Ausmaß.

 

 

Das Kölner Urteil

Am 7. Mai 2012 bewertete das Kölner Landgericht eine medizinisch nicht indizierte "Beschneidung" an einem nicht einwilligungsfähigen Jungen als rechtswidrig. Dies war nur folgerichtig, denn auch Kindern standen in Deutschland die Rechte auf körperliche Unversehrtheit und gewaltfreie Erziehung zu. Warum hätten diese Rechte gerade vor dem Intimbereich haltmachen sollen, und dann auch noch exklusiv nur vor dem von Jungen?

Der Deutsche Bundestag entschied am 12.12.2012 als Reaktion auf das Kölner Urteil in einem Hauruckverfahren, dass Eltern aus jeglichem Grunde in eine „Beschneidung“ ihrer

Söhne einwilligen können. Ein Widerspruch zu sämtlichem übrigen gesetzlichen Schutz von Kindern und gleich ein mehrfacher Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention.

Unsere Info-Seite mit weiterführenden Links zu u.a. aktueller Fachliteratur aus Deutschland, der Türkei, den USA u.v.a., Zeugnissen von Betroffenen, Filmen, Aufklärungsbüchern und -broschüren und Vortrags-Videos internationaler Wissenschaftler finden Sie HIER.

 

 

Hass und Menschenfeindlichkeit: Bei uns keine Chance!

Wir fordern alle Protestierenden auf, sich deutlich von Pauschalisierungen und Menschenhass zu distanzieren und immer wieder deutlich zu machen, dass es nur um das Wohl, die körperliche Unversehrtheit und das Recht des Kindes auf Selbstbestimmung gehen kann.

 

 

Zum WORLDWIDE DAY OF GENITAL AUTONOMY rufen auf (Stand: 06.02.2019):

 

 

 

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:

[Emailadresse Aufruf

 

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